29. September 1912 - Weihe der neuen Bonifatiuskirche

Von der Notkirche zum Dom

Aus der Festschrift "100 Jahre St. Bonifatius Duisburg" von 1961:

Bonifatiuskirche mit Marien-Hospital auf einer Ansichtskarte von 1918
Bonifatiuskirche mit Marien-Hospital auf einer Ansichtskarte von 1918

Die Überlegungen, eine eigene Kirche zu erstellen, gingen schon einige Jahre. Der 1858 gegründete Ludgeri-Bauverein hatte den Grundstock zu einem Fonds zusammen, dem auch Spenden der Industrie und des Reichsgrafen von Spee zuflossen. Noch im gleichen Jahre 1861 kaufte die Gemeinde sich für 80 Taler und 25 Silbergroschen ein kleines Glöckchen, das auf einem kleinen Türmchen an der Schule die Gläubigen noch 12 Jahre zum Gottesdienst rief. Diese Glocke kündete noch über drei Jahrzehnte Anfang und Ende der Schulzeit an. Im Laufe der Jahre konnte man nun daran denken, den großen Plan des Baues einer geräumigen Notkirche an der Wanheimer Straße zu verwirklichen. Mit der Durchführung des Baues dieser Kirche wurde der Bruder des Vikars, Franz Nienhaus, beauftragt.

Im Jahre 1872 weihte der Generalvikar von Münster die Notkirche. Damals ahnte wohl keiner, daß es noch 40 Jahre dauern sollte, bis die Notkirche durch den Neubau einer größeren Pfarrkirche ersetzt werden konnte. Obwohl das Gotteshaus nur eine Notkirche war, erfüllte es in den 40 Jahren seinen Zweck. Am 7. Februar 1893 wurde die Gemeinde St. Bonifatius selbständige Pfarre und der bis dahin als Hofkaplan tätige Johannes Schürmann zum ersten Pfarrer an der Pfarrkirche St. Bonifatius ernannt. Pastor Schürmann schaffte durch Ankauf eines benachbarten alten Hauses eine Unterkunft für drei Krankenschwestern, die in der Gemeinde wirkten.

Pastor Schürmann erwarb sich über die Gemeinde hinaus unvergängliche Verdienste. Unter seiner Amtszeit wurden die neuen Pfarren St. Peter und St. Michael errichtet.

In großer Schaffensfreude veranlaßte er die ersten Bauten für das Marien-Hospital sowie den Bau eines katholischen Vereinshauses mit einem großen Saal, der als Aushilfe zur Abhaltung des Gottesdienstes dienen sollte, sobald der Neubau der Pfarrkirche in Angriff genommen war. Der Wunsch nach einem neuen würdigen Gotteshaus war verständlich geworden, da die Pfarrgemeinde inzwischen auf 10.000 Seelen gewachsen war. Pfarrer Schürmann mußte die Verwirklichung dieses Planes allerdings seinem Nachfolger Karl Meyer überlassen.

Pfarrer Karl Meyer widmete sich gleich mit ganzer Kraft dem geplanten Neubau der Kirche. In drei Predigten kündigte er am 22. Januar 1911 den Bau einer neuen Kirche an, "damit die Pfarrgemeinde St. Bonifatius nicht länger auf ein würdiges Gotteshaus warten müsse". Eingehend und eindringlich schilderte er die lange erfolglos scheinenden Bemühungen und die glückliche Überwindung zahlreicher Hindernisse, bis er seinen weniger in Geduld erprobten und geübten Schäflein schließlich die freudige Nachricht übermitteln konnte. An diesem 22. Januar 1911 erinnerte Pfarrer Meyer in rückschauender Betrachtung an ein denkwürdiges Datum: "In diesem Jahr sind 50 Jahre verflossen, seit der erste Gottesdienst in Hochfeld gehalten wurde. Wir haben also ein Jubiläumsjahr in unserer Pfarrgemeinde. Wir wollen", so forderte er, "das Jubiläum mit der Grundsteinlegung für unsere neue Kirche feiern. Aber aus Euren Opfern muß sie gebaut werden. Wer mitbaut an der Kirche, baut an seinem Glück. Wer am Tage der Einweihung mit dem Bischof in das Gotteshaus einzieht und sprechen kann: 'Herr, ich habe geliebt die Zierde Deines Hauses und den Ort des Wohnens Deiner Herrlichkeit', der wird wahre Kirchweihfreude kosten, und der kann überzeugt sein, daß er sich dadurch den Einzug in die himmlischen Wohnungen erleichtert hat!"

Von den 200.000 Mark, die das neue Gotteshaus kosten sollte, waren bereits 43.000 Mark vorhanden.

Am 22. Mai kündet eine Zeitungsanzeige das große Bauvorhaben der Gemeinde an: "Die St.-Bonifatius-Kirche soll zum Abbruch verkauft werden. Über die Bedingungen gibt der Pfarrer Auskunft." Der Kirchenvorstand verkaufte die Notkirche für 750 Goldmark an den Bauunternehmer Josef Becker, der auch den Saal des Vereinshauses für den Gottesdienst herrichtete. In feierlicher Prozession wurde das Allerheiligste am 26. Juni 1911 dorthin übergetragen. Die festliche Grundsteinlegung erfolgte unter großer Beteiligung der Pfarrgemeinde und bei strahlendem Sonnenschein - nachdem es zuvor tagelang geregnet hatte - am 29. Oktober, dem Fest der hl. Apostel Simon und Judas.

Innenansicht 1935
Innenansicht 1935

Ein Freudentag und denkwürdiger Festtag war für die Gemeinde die Einweihung des Gotteshauses am 29. September 1912. Dieses große Erlebnis klingt in der Pfarrchronik lebhaft nach. "Hochfeld erstrahlte im Festkleid. Fleißige Hände hatten die Wanheimer Straße in ein farbenprächtiges Gewand gekleidet. Schon lange vor der angesetzten Zeit wogte eine ungeheure Menschenmenge in der Nähe der Bonifatiuskirche. Scharen festlich gekleideter und frohgesinnter Menschen drängten sich. Galt es doch, zum ersten Male in Hochfelds Mauern einen Bischof zu begrüßen, der kommen wollte, die neue herrliche Kirche zu weihen." Dieser gab in der Festpredigt seiner großen Freude über das gelungene Werk und den herzlichen Empfang Ausdruck. In feierlichen Zeremonien nahm Bischof Felix die Konsekration vor, der die Gläubigen in andächtiger Stille folgten. In der anschließenden weltlichen Feier gratulierte Duisburgs Oberbürgermeister Geheimrat Lehr zu dem bedeutsamen Anlaß. Die Festversammlung brachte auf Kaiser Wilhelm II. und Papst Pius X. begeisterte Hochrufe aus. Die vom Hannoveraner Architekten Jagielski und einer Hannoverschen Baufirma erbaute Kirche, in der auch das prachtvolle neue Geläute mit fünf Glocken und die herrlichen Akkorde einer großen Orgel erklangen, hatte ihren tiefen Eindruck nicht verfehlt. Voller Genugtuung und Dankbarkeit stellte Pastor Meyer fest: "Das große Werk wurde in 13 Monaten fertiggestellt! Sie soll allen eine Quelle reicher Gnaden sein!"

Richard Reifenscheid, 1961