1976 - Kirchenchor bricht auseinander

Zur derzeitigen Situation unseres Kirchenchores

Christ-König-Chor mit Josef Lammerz
Der Christ-König-Chor mit Josef Lammerz (Orgelweihe 1958 ?)

... möchte ich als Pfarrer wie folgt Stellung nehmen: Als zum 28.2.1975 nach eigener Kündigung Herr Lammerz als Organist und Chorleiter aus unseren Diensten ausschied, sollten von seinem Nachfolger beide Aufgaben in gleicher Weise wahrgenommen werden. Da die Neubesetzung aus verschiedenen Gründen nicht so bald zum Erfolg kam, wurde von Herrn Lammerz dankenswerterweise von Bonn aus der Chor bis zurgroßartigen Aufführung d. "Großen Messe in As-Dur" von Franz Schubert am 14.3.1976 geleitet. Zum 1.4.76 trat Herr Donner - zumal auch Herr Lammerz ausdrücklich wissen ließ, er könne zeitlich und kräftemäßig die Weiterleitung des Chores nicht mehr leisten - die Stelle als Organist und Chorleiter an. Da das Arbeitsverhältnis mit Herrn Donner nicht über die Probezeit (30.9.76) fortgesetzt wurde, kam es zwischenzeitlich zur erneuten Ausschreibung. Damit der Chor jedoch bis zum Antritt eines geeigneten Nachfolgers weiter proben konnte, übernahm auf persönlichen Wunsch des Pfarrers hin Herr Görner, Diözesan-Musikdirektor im Bistum Essen, die Chorleitung, wobei es sich anfangs nur um eine vorübergehende und niemals auf den Organistendienst bezogene Tätigkeit handelte.

Als nun Herr Böckeler auf Grund vorgelegter Zeugnisse, seiner Proben an der Orgel und mit dem Chor und der über seine berufliche Qualifikation eingeholten Erkundigungen als eine talentierte Fachkraft anzusehen - sich ernsthaft bewarb, äußerte der Chor geradezu einmütig und recht deutlich den Wunsch, mit Musikdirektor Herrn Görner weiterzumachen, da man von seinen Chorleitereigenschaften überzeugt sei, sich durch ihn zu optimaler Leistung befähigt fühle und Herr Görner selbst jetzt nun auch eine Möglichkeit sehe, auf rechtlich geregelter Basis die Chorleitung und nur die Chorleitung in Christ-König gegebenenfalls weiterzuführen.

Damit stellte sich die Grundsatzfrage einer Aufgabenteilung, die sicher anderswo auch bisweilen praktiziert wird, die aber doch im Hinblick auf die umfangreichen Verpflichtungen gegenüber der Gesamtgemeinde genau in Betracht gezogen werden mussten. In der Regel verspricht die Aufgabenausübung von Chorleitung und Organistentätigkeit in Personalunion die Klammer zwischen Chor und Gemeinde besser zu gewährleisten, wobei ich hiermit keineswegs in Abrede stellen möchte, daß vonseiten des Herrn Görner nicht alles in seinen Kräften stehende Bemühen um den Zusammenhalt v. Chor und Gemeinde beabsichtigt und eingebracht worden wäre. Die Befürchtung einer gewissen Schmälerung der wichtigen Organistentatigkeit und der anderen musikalischen Verpflichtung gegenüber der Gemeinde war jedenfalls nicht auszuschließen, da diese kaum von einem Kirchenmusiker mit B- oder A-Examen, schon wegen der unzureichenden Bezahlung, wahrgenommen würde. Auf dem Hintergrund dieser berechtigen Überlegungen u. zumal in Herrn Röckeler eine qualifizierte Fachkraft zur Verwirklichung beider Aufgaben, der Chorleiter- und Organistentätigkeit, gesehen werden konnte, entschied sich der Kirchenvorstand mehrheitlich in Absprache m. Vertretern des Pfarrgemeinderates entgegen d. geäußerten Wunsch des Chores für die Aufgabenausübung in Personalunion und damit für Herrn Böckeler, der zum 1.11.1976 angestellt wurde.

Diese gegen den Chor gerichtete Entscheidung u. ihre Begründung mit ausschließlich negativ aufgezeigten möglichen Auswirkungen auf Dauer - so urteilen sehr viele Chormitglieder - stelle eine grobe Mißachtung des mehrheitlichen Chorwillens dar u. bedeute, zumal auch bei Vorgesprächen und Äußerungen, zum Teil beiderseitig, unglücklich formulierte und mißverständliche Worte fielen, einen solch erheblichen Vertrauensbruch, daß d. Chorvorstand seinen schriftlichen Rücktritt erklärte und zu befürchten ist, daß viele Chormitglieder vorerst oder gar nicht mehr im Chor Christ-König mitmachen werden.

Ich bedauere es sehr, daß es zu dieser Situation und Reaktion gekommen ist, zumal die Zusammenarbeit zwischen Chorleiter, Chor und Gemeinde bzw. Pfarrer bisher, was auch vonseiten des Chores ausdrücklich bestätigt wurde, recht gut war u. damit zur Ermöglichung der Aufführung großer Musik beitrug. Der zurückgetretene Chorvorstand und die Chormitglieder möchten auch ausdrücklich feststellen, daß sie ihre Entscheidung, bzw. ihren Unmut in keiner Weise gegen Herrn Böckeler oder seine Befähigung gerichtet wissen wollen.

Ich hielt es für notwendig, jetzt so ausführlich zu berichten, einmal weil es wohl doch besser gewesen wäre, die ganze Problematik mehr öffentlich anzugehen, aber vor allem, daß die Entscheidungsgründe des Kirchenvorstandes und die Reaktion des Chores andererseits offen ausgesprochen werden. Zudem soll diese Stellungnahme beitragen, daß wir uns auf keinen Fall trotz unterschiedlicher Auffassung wie Feinde vorkommen dürfen, die sich etwa aus dem Wege gehen müßten. Es braucht sich niemand als Sieger oder Besiegter vorkommen. Dem zurückgetretenen Chor-Vorstand mit Herrn Münch an der Spitze danke ich für den unermüdlichen Einsatz für den Chor und die Gemeinde. Ich appelliere erneut an die bisherigen Vorstandsmitglieder und alle Chormitglieder, ihren Verdruß selbstlos hintanzustellen und es mit Herrn Böckeler engagiert zu versuchen. Es sollte ihm die Möglichkeit gegeben werden, sein Wollen und Können unter Beweis zu stellen, indem viele, indem alle Chormitglieder weiter mitmachen, Chor von Christ-König zu sein. Ich glaube, mit Herrn Böckeler, den man als einen "Vollblutmusiker" bezeichnen kann, kann Großes geleistet werden. Chormitglieder, die ein Verbleiben in unserem Chor nicht weiter vollziehen können, oder ihre musikalische Betätigung anderswo oder unabhängiger von einer bzw. unserer Gemeinde glauben ausüben zu müssen, respektiere ich in ihrer Entscheidung und bedanke mich auch im Namen der Gemeinde sehr herzlich für den selbstlosen Eifer und die mitgetragene gute Musik zur Ehre Gottes und zu unserer Freude.

Ich persönlich meine, die gemeinsame Anstrengung, gewachsene Freundschaft untereinander, große Aufführungen und zumindest ein streckenweise erfahrenes Gemeindebewußtsein Christ-König müßten stark genug sein, um in Christ-König zusammen zu bleiben. Alle Chormitglieder und alle, die sich zu unserer Gemeinde gehörig fühlen, ob sie innerhalb oder außerhalb der Pfarrgrenzen wohnen, sollten sich verantwortlich wissen, damit es einen Kirchenchor Christ-König weiter gibt, der seiner jungen, aber großen Tradition gerecht wird.

P. Marcellus

(aus den Pfarrnachrichten vom 7. November 1976)


Ganze sechs Sänger waren da, als Hans-Jörg Böckeler im November 1976 seine erste Chorprobe abhielt und den Kirchenchor ganz neu aufbauen musste. Der größte Teil der Chormitglieder ist in den städtischen Konzertchor gewechselt, der mit dem neuen Chorleiter Prof. Guido Knüsel ebenfalls vor einem Neuanfang stand.