30. Dezember 2000

Bach-Jahr augenzwinkernd beendet

Bach-Musical "www.j-s-bach-online.de" mit In-Time Voices

Udo Prucha alias J. S. Bach
Johann Sebastian Bach: Der große Meister der Musik kommt via Computer in unsere Zeit. RP-Foto: Andreas Probst

(RP). Zum Ende des Bach-Jahres 2000 gab es in der gut gefüllten Neudorfer Ludgerikirche noch ein großes Ereignis: die NRW-Erstaufführung des Musicals "www.j-s-bach-online.de". Die Uraufführung an Bachs 250. Todestag in Lüneburg soll ein enormer Erfolg gewesen sein, auch jetzt in Duisburg verfehlten die flotten Rhythmen ihre Wirkung nicht.

Es geht um eine Musikstudentin und ehrenamtliche Leiterin eines Jugendchores und einer -band, die sich in der Kirche über ihre Hausarbeit zum Thema "Bach" den Kopf zerbricht, im Internet nachschaut, als plötzlich mit viel Funken und Dampf aus dem Computer der große Meister persönlich neben ihr erscheint. Er wird neu gestylt und hilft dem Jugendchor, einen Wettbewerb zu gewinnen.

Das hatte dank der beiden Hauptdarsteller Veronika Maruhn und Udo Prucha viel Charme, Schwung und Witz. Es gibt einige nette Gags, etwa wenn der Sachse Bach immer wieder gerne "'n Schälchen Heesen" (eine Tasse Kaffee) hätte oder sich dem Jugendchor als "Johann Stefan Bachmeier" vorstellt. Die Jugendchöre Christ-König Hochfeld (Leitung: Stefanie Melisch) und Maria Himmelfahrt Hüttenheim (Leitung Andreas Rabeneck) trugen mit viel Spaß an der Sache ihren Teil bei. Bei einem Song auf den Bibeltext "Alles hat seine Zeit" zauberten Veronika Maruhn und der Chor im Handumdrehen eine Stimmung wie bei den "Harlem Gospel Singers" in die Kirche.

Freilich war die "Handlung" (Text: Hans-Jürgen Netz) kaum mehr als ein Vorwand für weitere "Neue Geistliche Lieder", und von einer nennenswerten Inszenierung konnte auch nicht die Rede sein. Der künstlerische Kern der Sache lag in der Musik von Holger Clausen, die der Komponist am Klavier zusammen mit vier weiteren Bandmusikern absolut überzeugend hinlegte.

Das Musical zeigte eine gelungene Mischung aus Jazz und Pop, Gospel und Spiritual; singbare Melodien, fast schon Ohrwürmer. Sparsam hat Holger Clausen einige Bach-Motive verarbeitet. Besonders eindrucksvoll: ein instrumentales Intermezzo, ein Blues über Bachs Tonbuchstaben B-A-C-H. Bei dieser Musik konnte nicht nur die junge Schauspielerin Veronika Maruhn ihre Musical-Qualitäten demonstrieren, auch die Jugendchöre hatten angemessene Aufgaben.

Der hohe Anspruch, Johann Sebastian Bach in unsere Zeit zu holen, wurde zwar weitgehend verfehlt. Doch der etwas bescheidenere Wunsch, "Bach mit einem Augenzwinkern zu zeigen", wie ihn der moderierende Kantor Leo Schuhen formulierte, wurde durchaus erfüllt. Und das ist ja auch schon eine ganze Menge.

Ingo Hoddick


Rheinische Post (aus: Rheinische Post / Duisburger Stadtpost vom 2. Januar 2001)