Liebe Leserinnen und Leser,

fast zwei Jahre haben wir in unserer Gemeinde den Weltjugendtag vorbereitet und nun ist er bereits vorüber. Papst Johannes Paul II. hatte die Jugendlichen nach Köln zum Dreikönigsschrein eingeladen unter der Überschrift: "Wir sind gekommen, um IHN anzubeten."

Dies ist die Aussage der drei Weisen aus dem Morgenland, als sie den neuen König in Jerusalem suchten. Und viele Jugendliche aus der ganzen Welt sind der Einladung gefolgt, um eine Begegnung mit Jesus, mit dem neuen Papst Benedikt XVI. und mit anderen Jugendlichen zu erleben. Aus 196 Nationen machten sie sich auf den Weg. Ich hatte das große Glück, dabei zu sein. In der Rückschau nehme ich eine Reihe von Erfahrungen mit, von denen ich einige hier mitteilen möchte.

1. Gäste sind ein Segen

Abend der Begegnung im Innenhafen
Abend der Begegnung im Innenhafen

Ich durfte Zeuge sein, welche Dynamik und welche Freude von den jungen Menschen ausgingen, die vom 10. bis zum 15. August in einigen Pfarreien zu Gast waren.

Leider hatte unsere Pfarrei keine Gäste, wie zahlreiche andere Pfarreien auch nicht. Vermutlich war die ursprüngliche Planung von 4.000 Gästen für Duisburg bereits viel zu hoch angesetzt. Aber überall dort, wo Gäste waren, bildeten sie so etwas wie einen Kristallisationspunkt, um den herum sich gemeindliches Leben entwickelte in Begegnungen und Gesprächen. Dies konnte ich erleben beim Eröffnungsfest im Innenhafen oder bei einem Gästeabend in St. Michael, zu dem ich eingeladen war.

2. Aufbruch ist nötig

Ich weiß gar nicht, wie oft ich in diesen Tagen Neues erfahren durfte, aber ich musste mich immer auf den Weg machen, so z. B. zu der tollen Diözesanveranstaltung in der Veltins-Arena auf Schalke, zum ersten Teil des Weltjugendtages nach Bonn, zur Wallfahrt zum Dreikönigsschrein nach Köln und schließlich zum Marienfeld.

Ich bin sehr froh, dass aus unserer Gemeinde viele aufgebrochen sind. Mit fast 80 Personen waren wir in Gelsenkirchen, 20 Jugendliche habe als Dauerteilnehmer am WJT teilgenommen und eine ganze Reihe weiterer Gemeindemitglieder sind für das Fest auf dem Marienfeld am Samstag zu uns gestoßen.

3. Dialog ist wichtig

Viele Gespräche durfte ich in diesen Tagen führen. Oftmals mit Menschen, die ich gar nicht kannte.

Ich erinnere mich gern an Begegnungen mit Japanern in einem Zug. Sie waren von weither angereist und waren voller Freude. Aus kleinen Papierblättchen falteten sie in Origamitechnik kleine Vögel und verschenkten sie.

In einem Café traf ich zwei Jugendliche aus Toronto. Sie waren vor drei Jahren selbst Gastgeber gewesen beim letzten Weltjugendtag. Sie waren voller Lob auf die erfahrene Gastfreundschaft.

Und schließlich gab es auch im Rahmen der täglich stattfindenden Katechesen kleine Gruppen, die sich über Fragen des Glaubens austauschten.

4. Ruhe braucht man

Bei all dem Trubel und den vielen musikalischen Darbietungen auf den Bühnen in den Städten gab es doch immer wieder Orte, wohin man sich zurückziehen konnte.

Das Bonner Münster war z. B. von der Gemeinschaft von Taizé hergerichtet worden. Wenn man die Kirche betrat, sah man Jugendliche mit Schildern, auf denen "Silence" (Ruhe) stand. Es waren immer viele Menschen, die sich hinsetzten, ruhig wurden, meditierten und beteten. Man spürte, dass hier viele sich ganz bewusst mit ihrem Leben vor Gott stellten. Und man sah auch, dass viele junge Menschen das Bußsakrament empfingen, um sich in Gottes Hand zu geben.

5. Glaube will gefeiert sein

Eröffnungsmesse mit Bischof Bode
Eröffnungsmesse mit Bischof Bode

Ein wichtiger Punkt waren die großen Gottesdienste.

Wir waren beim Eröffnungsgottesdienst auf der Hofgartenwiese in Bonn, den Jugendbischof Bode hielt. Über 100.000 Jugendliche nahmen daran teil. Es war eine dichte Atmosphäre. Schon hier hatte ich das Gefühl, zu einer großen Gemeinschaft zu gehören. Das war bis dahin die größte Messfeier, die ich erlebt hatte, und das sollte auf dem Marienfeld noch mal um das zehnfache gesteigert werden.

Der Gottesdienst lebte von den guten Worten von Bischof Bode, den wunderbaren Gesängen und der herzlichen Stimmung unter den Mitfeiernden. Und schließlich folgten den Gottesdiensten musikalische Darbietungen und ein großartiges Feuerwerk, die das Fest weiterführten.

6. Unbequemlichkeiten muss man in Kauf nehmen

Natürlich war der Komfort während dieser Tage nicht mit einem 5-Sterne-Urlaub zu vergleichen: Luftmatratze und Schlafsack statt weicher Daunen, Dixi-Klos statt großzügiger Bäder, Duschen in 500 m Entfernung bei der nächsten Turnhalle und auf dem Marienfeld nicht einmal das.

Mich erstaunte selbst, mit wie wenig man auskommen kann. All das erträgt man, weil es um eine tolle Sache geht. Irgendwie konnte man erahnen, dass hier unter den Teilnehmenden eine Welt des Friedens und des Miteinanders aus vielen Völkern beginnt zu wachsen.

7. Sich gegenseitig helfen

Eine Volunteer
Eine "Volunteer"

Überall fielen sie auf mit ihren roten Jacken und der Aufschrift "Volunteer": Tausende von Jugendlichen halfen beim Finden von Wegen, bei der Essensausga-be und vielen andern Gelegenheiten.

Aber auch alle Teilnehmenden mussten füreinander sorgen. So bekam man das Mittagessen nur in Gruppen zu sechs Personen und einer musste die Essenmarken sammeln und für seine Kleingruppe dann in der Schlange anstehen.

Gegenseitige Rücksicht und Hilfsbereitschaft waren überall zu spüren.

Ich selbst durfte bei einem "Jesus Christ Superstar"-Konzert einigen Jugendlichen die Szeneninhalte erklären, weil sie es nicht kannten und auch die Sprachen nicht verstanden, denn es wurde von einer italienischen Musikgruppe in deren Sprache gesungen.

Dies sind nur wenige Lichtblicke der vergangenen Woche. Wahrscheinlich haben viele von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, an den Fernsehern die Ereignisse verfolgt und haben so etwas davon mitbekommen und erfahren.

An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich allen "Dankeschön" sagen, die an den Vorbereitungen für den Weltjugendtag in unserer Gemeinde mitgewirkt haben.

Ich denke vor allem an das WJT-Team, das sich seit mehr als einem Jahr regelmäßig traf, Gastgeber suchte, Sozialprojekte vorbereitete und ein Programm ausarbeitete. Auch wenn wir keine Gäste hatten, war es doch ein gutes Arbeiten miteinander. Dank auch an alle, die sich bereit erklärt hatten, als Gastgeber Jugendliche aufzunehmen, am Programm mitzuwirken oder für das leibliche Wohl zu sorgen.

Was bleibt nun? Ich hoffe nicht nur eine schöne Erinnerung. Ich hoffe, dass etwas von dem Feuer des Glaubens, das dort zu spüren war, auch die Kirche in Deutschland und unsere Gemeinde erwärmt und viele die Erfahrung machen: Glauben macht froh und stellt uns in eine weltumspannende und stets auch junge Gemeinschaft.

Bernhard Jakschik