HOMESitemapImpressum

Home > Himmel & Erde  
Himmel und Erde
Pfingsten: Der Geist beflügelt jeden Tag

VON: CLAUDIA WEISS



„An Pfingsten ist Jesus geboren“ – diese erstaunliche Erkenntnis bei Straßenumfragen macht deutlich, dass zwar Feiertage gerne genommen, ihr Sinn jedoch kaum klar ist. Das kann man ganz einfach ändern – auch wenn es etwas kompliziert klingt: Franziskanerpater Dr. Herbert Schneider philosophiert über den Heilige Geist, die Dreifaltigkeit und diesen „geistlichen“ Feiertag und erklärt: Eigentlich „passiert“ Pfingsten jeden Tag!

INFO: Mehr als die Hälfte der Deutschen weiß nicht, welches religiöse Fest an Pfingsten gefeiert wird: Pfingsten ist für Christen das Fest des Heiligen Geistes und gilt als Geburtsfest der Kirche. An dem im jüdischen Festtagskalender ursprünglichen Erntedankfest wurde den Jüngern laut Bibel 50 Tage nach Ostern der Heilige Geist gesandt, damit sie das Evangelium verbreiten. Mit dem Fest endet die 50-tägige Osterzeit. Das Wort Pfingsten leitet sich ab von „Pentekoste“, dem griechischen Begriff für „fünfzig“.

Die Bibel versteht den Heiligen Geist als schöpferische Macht allen Lebens. Er ist nach kirchlicher Lehre in die Welt gesandt, um Person, Wort und Werk Jesu Christi lebendig zu erhalten. Der Heilige Geist, die „Dritte Person“ Gottes (die hebräische Bezeichnung für Gottes Geist ist weiblich) umschreibt gleichsam die „Innenseite“ Gottes (Atem, Hauch) und gleichzeitig auch seine „kommunikative Seite“: den Atem haucht er aus und dem Menschen ein. Damit bringt er den Menschen zum Leben – wie bei der Erschaffung des Menschen. Heiliger Geist ist die Weise, in der Gott „im Menschen“ wohnen kann, ihn beseelt, entflammt, vitalisiert, dynamisiert, begeistert. Er ist nicht nur Gabe, sondern Spender des Lebens ist und daß ihm mit dem Vater und dem Sohn göttliche Anbetung und Verherrlichung gebührt. Dieser Glaube kommt im „Großen Glaubensbekenntnis“ zum Ausdruck: „Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird.“

In den romanischen Sprachen wird der Zusammenhang des Heiligen Geistes mit dem lebendigen Atem Gottes noch ganz deutlich. „Esprit“, „espiritu“ oder „spirito“ lassen sich auf das lateinische Verb „spirare“ zurückführen: „atmen“. Aber auch im Deutschen gibt es ein etwas altertümliches Wort, das diesen Zusammenhang sprachlich erkennen lässt: der Heilige Geist als „Odem Gottes“. Und im frühen Mittelalter war zunächst durchaus nicht klar gewesen, wie man den lateinischen Begriff für den Gottesgeist übersetzen sollte. Lange hat sich im süddeutschen Raum auch die Fassung „uuiho atum“ (etwa „Weihe-Atem“) gehalten. Er spät setzte sich schließlich allgemein die norddeutsche Form „heilag geist“ durch, die wir bis heute gebrauchen.

Die Sendung des Heiligen Geistes ist es, an alles zu erinnern, was Jesus Christus gesagt und getan hat und uns so in die ganze Wahrheit einzuführen (vgl. Joh 14,26; 16,13-14). In ihm ist Jesus Christus bleibend in der Kirche und in der Welt gegenwärtig (vgl. 2 Kor 3,17). Deshalb wird der Heilige Geist als Geist Jesu Christi (vgl. Röm 8,9; Phil 1,19) und als Geist des Sohnes (vgl. Gal 4,6) bezeichnet. Er wird auch Geist des Glaubens genannt (vgl. 2 Kor 4,13); durch ihn können wir Jesus Christus als Herrn bekennen (vgl. 1 Kor 12,3) und beten: „Abba, Vater“ (Röm 8,15; vgl. Gal 4,6). Der Heilige Geist ist die Gabe des neuen Lebens. Vater und Sohn senden ihn uns. Indem Gott uns seinen Geist schenkt, schenkt er sich selbst. Durch die Gabe des Geistes empfangen wir Gemeinschaft mit Gott, nehmen wir teil an seinem Leben, werden wir Kinder Gottes (vgl. Röm 8,14; Gal 4,6). Das ist nur möglich, weil der Geist nicht geschöpfliche, sondern göttliche Gabe ist, in der sich uns Gott selbst mitteilt. „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ (Röm 5,5)

Die Apostelgeschichte berichtet, wie die Jünger Jesu durch das Pfingstwunder „mit Heiligem Geist erfüllt wurden und begannen, mit anderen Zungen zu reden“. Das so genannte Sprachenwunder will darauf hinweisen, dass die Verkündigung der Botschaft von Jesus Christus sprachübergreifende Bedeutung für die ganze Welt hat. Lukas beschreibt das Pfingst-Ereignis in der Apostelgeschichte im zweiten Kapitel: „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie (die Jünger) waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ In Jerusalem lockt dieses seltsame Ereignis eine neugierige Menschenmenge an, Juden aus allen möglichen Landesteilen, viele aus der Diaspora, darunter Ägypter, Römer, Kreter oder Araber, geraten „außer sich vor Staunen“, denn jeder hört die Jünger plötzlich in seiner Muttersprache reden, versteht auf wundersame Weise, was gesprochen wird. Pfingsten als Wunder Grenzen überschreitenden Verstehens.

Bis zum vierten Jahrhundert feierten die Christen an Pfingsten nicht nur den Abschluss der Osterzeit, sondern auch die in der Apostelgeschichte erwähnte Himmelfahrt Christi. Nachdem sich dafür ein weiterer Festtag herausgebildet hatte, wurde Pfingsten eigenständig. Historisch gesehen ist das Pfingstfest auch ein Frühlingsfest. Bräuche, die mit Wachsen, Blühen und Wiedererwachen der Natur zu tun haben, tauchen vor dem herannahenden Sommer noch einmal auf. Flurumritte, Grenzabschreitungen und Prozessionen sollten der neuen Saat Heil und Segen bringen. Bereits im alten Israel war das Pfingstfest, das sieben Wochen nach dem Passahfest gefeiert wurde, eines der drei großen Jahres- und Wallfahrtsfeste. Es wurde als Dankfest für die zwischen Passah und Pfingsten eingebrachte Ernte begangen.
Häufig wird Pfingsten auch als Firm-Fest (vgl. Firmung) gefeiert, ein weiteres Fest, das in engem Zusammenhang mit der Sendung des Heiligen Geistes steht. Bis zum vierten Jahrhundert feierten die Christen an Pfingsten nicht nur den Abschluss der Osterzeit, sondern auch die in der Apostelgeschichte erwähnte Himmelfahrt Christi. Nachdem sich dafür ein weiterer Festtag herausgebildet hatte, wurde Pfingsten eigenständig. Ähnlich wie Weihnachten oder Ostern erhielt es in einigen Ländern einen zweiten Festtag, den Pfingstmontag. In Deutschland gab es in den vergangenen Jahren eine heftige Diskussion darüber, ob der Feiertag zur Finanzierung der Pflegeversicherung abgeschafft werden sollte. Derzeit ist der Pfingstmontag in allen Bundesländern arbeitsfrei.

Der Text zum Pfingstwunder steht in der Apostelgeschichte, Kapitel 2:
1 Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. 2 Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. 3 Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, 4 und sie wurden alle erfüllt von dem heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen. 5 Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. 6 Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. 7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden. 12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.

Die Pfingstpredigt des Petrus
14 Da trat Petrus auf mit den Elf, erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt, das sei euch kundgetan, und laßt meine Worte zu euren Ohren eingehen! 15 Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage; 16 sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5): 17«Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18 und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen. 19 Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf; 20 die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe der große Tag der Offenbarung des Herrn kommt. 21 Und es soll geschehen: wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll gerettet werden.» 22 Ihr Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus von Nazareth, von Gott unter euch ausgewiesen durch Taten und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wißt – 23 diesen Mann, der durch Gottes Ratschluß und Vorsehung dahingegeben war, habt ihr durch die Hand der Heiden ans Kreuz geschlagen und umgebracht. 24 Den hat Gott auferweckt und hat aufgelöst die Schmerzen des Todes, wie es denn unmöglich war, daß er vom Tode festgehalten werden konnte. 25 Denn David spricht von ihm (Psalm 16,8-11): «Ich habe den Herrn allezeit vor Augen, denn er steht mir zur Rechten, damit ich nicht wanke. 26 Darum ist mein Herz fröhlich, und meine Zunge frohlockt; auch mein Leib wird ruhen in Hoffnung. 27 Denn du wirst mich nicht dem Tod überlassen und nicht zugeben, daß dein Heiliger die Verwesung sehe. 28 Du hast mir kundgetan die Wege des Lebens; du wirst mich erfüllen mit Freude vor deinem Angesicht.» 29 Ihr Männer, liebe Brüder, laßt mich freimütig zu euch reden von dem Erzvater David. Er ist gestorben und begraben, und sein Grab ist bei uns bis auf diesen Tag. 30 Da er nun ein Prophet war und wußte, daß ihm Gott verheißen hatte mit einem Eid, daß ein Nachkomme von ihm auf seinem Thron sitzen sollte, 31 hat er's vorausgesehen und von der Auferstehung des Christus gesagt: Er ist nicht dem Tod überlassen, und sein Leib hat die Verwesung nicht gesehen. 32 Diesen Jesus hat Gott auferweckt; dessen sind wir alle Zeugen. 33 Da er nun durch die rechte Hand Gottes erhöht ist und empfangen hat den verheißenen heiligen Geist vom Vater, hat er diesen ausgegossen, wie ihr hier seht und hört. 34 Denn David ist nicht gen Himmel gefahren; sondern er sagt selbst (Psalm 110,1): «Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, 35 bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.» 36 So wisse nun das ganze Haus Israel gewiß, daß Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat.

 

Unser Gesprächspartner: P. Herbert Schneider OFM (70) ist Leiter der Wallfahrt in Neviges. Nach Abitur bei den Franziskanern in Euskirchen und Roermond legte er 1962 die Profess ab und wurde drei Jahre darauf zum Priester geweiht. 1972 schloss er seine Studien mit einer Promotion in Politik ab. Hier war er in verschiedenen Aufgaben tätig: Als Lehrer und Internatsleiter in Münster und Vossenack/Eifel, als Provinzial der Kölnischen Franziskanerprovinz, als Vorsitzender der Ordensoberen deutscher Männerorden, als Leiter der Interfranziskanischen Arbeitsgemeinschaft INFAG und schließlich zehn Jahre in Rom als Vertreter des Generaloberen der Franziskaner. Gut 30 Bücher und 600 Zeitungsberichte hat er verfasst, 100 Länder bereist.

Kontakt: Franziskanerkloster Neviges, Elberfelder Str. 12, 42553 Velbert, Tel. 02053 / 93 18 -0, Fax 02053 / 93 18 -30. Mehr: http://www.mariendom.de, http://www.franziskaner.de/


Hier der ganze Beitrag zum Hören:
he05312.wma



Seite drucken...