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Himmel und Erde
Jahresrückblick: Von Piusbrüdern bis Sonntagsschutz

VON: CLAUDIA WEISS / KNA



Haben Sie schon mal von den „Raunächten“ gehört? – so nennt man die 12 dunklen Tage zwischen Heiligabend und Dreikönige. Da soll wichtig sein, was man träumt – also: Gute Träume im allenthalben ausgebrochenen allgemeinen Winterschlaf! Wenn man aufs vergangene Jahr zurückblickt, dann sind schlechte Träume leicht aufgezählt: Was das Weltklima betrifft, die längst nicht beendete Finanzkrise und vieles mehr. Für die katholische Kirche begann 2009 gleich mit einer Art Albtraum: Wochen und Monate gab´s Gerangel um die Piusbruderschaft …

Stürmische Zeiten: Für die katholische Kirche in Deutschland war 2009 ein turbulentes Jahr. Der Streit um die Piusbrüder bestimmte Anfang 2009 über Wochen die öffentliche Wahrnehmung. Auch in der Ökumene und im Verhältnis zwischen Bischöfen und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gab es Gewitterwolken.
Zwei wegweisende Gerichtsentscheidungen im Spätherbst zeigten, wie widersprüchlich die Rolle der Religionen in der Gesellschaft gesehen wird: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ladenschluss können die Kirchen als Erfolg verbuchen: Die Richter untersagten den Sonntagsverkauf an vier Adventssonntagen hintereinander und stärkten damit den Sonn- und Feiertagsschutz.
Bedenklich aus Sicht der Kirchen ist dagegen das im November ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in dem Kreuze in staatlichen Schulen Italiens als Verstoß gegen die Religionsfreiheit gewertet wurden. Negativ endete aus Sicht der Kirchen auch die Initiative «Pro Reli» zur Aufwertung des Religionsunterrichts in Berlin. Bei einem Volksentscheid erhielt ihr Gesetzentwurf keine Mehrheit.
Klare Distanz zu den Traditionalisten, Bekenntnis zum Konzil und Solidarität mit dem Papst: Das waren die Punkte, an denen sich die Bischöfe im Streit um die Piusbruderschaft orientierten. Einzelne Oberhirten äußerten dabei ungewohnte Kritik an der Informationspolitik des Vatikan. Als Provokation werteten die Bischöfe die Priesterweihen der Piusbrüder im bayerischen Zaitzkofen.
Für Empörung in ihrer eigenen Partei, aber auch bei den Bischöfen sorgte Kanzlerin Angela Merkel (CDU), als sie mit Blick auf die Holocaust-Leugnung des Traditionalisten-Bischofs Richard Williamson den Papst zu einer eindeutigen Klarstellung über den Umgang mit dem Holocaust aufforderte. Kardinal Joachim Meisner forderte sogar eine Entschuldigung der Kanzlerin. Die Aufhebung der Exkommunikation für Williamson belastete auch das Verhältnis der Kirche zu den Juden. Die Kritik aus Israel und aus dem Zentralrat der Juden richtete sich zwar zuerst an den Vatikan. Doch musste Zollitsch mehrfach versichern, dass es keine Wende im Verhältnis von Kirche und Judentum gebe.
Einen Konflikt mit Nachwirkungen gab es auch um das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Der einzige Kandidat für das Amt des ZdK-Präsidenten, Heinz-Wilhelm Brockmann, erhielt Ende April von den Bischöfen nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Deutlich wurde, dass es um den Kurs des ZdK ging, das zu innerkirchlichen Fragen kontrovers Stellung bezogen hatte. Im November wählte das Laiengremium dann den CSU-Politiker Alois Glück zum neuen Präsidenten.
Ein kleines Gewitter mussten auch die Beziehungen zwischen Katholiken und Protestanten überstehen: Ein internes Thesenpapier der Evangelischen Kirche (EKD) wurde an die Öffentlichkeit gespielt und nötigte die evangelische Kirche zu einer Entschuldigung. In dem Papier hatte Oberkirchenrat Thies Gundlach die katholische Kirche als führungsschwach bezeichnet und Papst Benedikt XVI. einen rückwärtsgewandten Kurs unterstellt. Zugleich reklamierte Gundlach eine intellektuelle Meinungsführerschaft für die Protestanten.
Intensiv um Aufklärung bemüht sich die katholische Kirche beim Thema Heimkinder. Beide Kirchen gehören dem vom Bundestag eingerichteten Runden Tisch an: Er soll Vorwürfen nachgehen, nach denen bis Ende der 60er Jahre in Westdeutschland Jungen und Mädchen in staatlichen und kirchlichen Heimen misshandelt und ausgebeutet wurden. Als besonders heikel gilt die Frage einer Entschädigung.
Zwei vom Papst ausgerufene pastorale Initiativen fanden Niederschlag in der Seelsorge in Deutschland: das Priesterjahr und das Paulusjahr. Mehrere Bistümer luden zu einem 30 Tage dauernden Gebetsmarathon für geistliche Berufungen. Zugleich wurde bekannt, dass 2009 die Zahl der Priesteramtskandidaten auf einen neuen Tiefstand sank. Derzeit bereiten sich 842 Männer auf den Dienst als Geistliche vor. Vor zehn Jahren waren es noch 1.122.
Das im Juni zu Ende gegangene Paulusjahr nutzte insbesondere der Kölner Kardinal Meisner, um darauf zu drängen, dass Christen die historische Kirche am Geburtsort des Apostels Paulus im türkischen Tarsus wieder dauerhaft nutzen können. Zuletzt kamen sehr unterschiedliche Signale aus der Türkei.
Unterdessen gehen die Strukturreformen in den Bistümern weiter. Das Erzbistum Paderborn beispielsweise veranstaltete im November ein Diözesanes Forum zur Vorbereitung der Neustrukturierung der Pfarreien. Im Schnitt bilden künftig fünf bis zehn Gemeinden einen «pastoralen Raum». In der Bischofskonferenz setzte sich der Verjüngungsprozess fort. Im Mai wurde der 46-jährige Stefan Ackermann Bischof von Trier. Und vor wenigen Tagen wurde der 45-jährige Münsteraner Weihbischof Franz-Josef Overbeck als neuer Bischof von Essen eingeführt. (Christoph Arens / KNA)


Hier der ganze Beitrag zum Hören:
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