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Himmel und Erde
Der verhinderte Schädelklau

VON: CHRISTOF BECKMANN



Seit letzter Woche in Herne und noch bis Sonntag: die 576. Cranger Kirmes. Das größte Volksfest in Deutschland – jedenfalls, was die Besucher pro Quadratmeter angeht. Ein einzigartiger Rummel - immer rund um den 10. August. Warum? Wegen Laurentius. Der war ein Popstar unter den Heiligen – so berühmt, dass es gar nicht weit weg zu echtem Ärger kam: Ortstermin mit Pfarrer Dr. Albert Damblon in Mönchengladbach: Der Propst an St. Vitus mit einer spannenden Geschichte. Ein Abt der ehemaligen Benediktinerabtei trotzt dem mächtigsten Herrscher der Welt: Philipp, dem Zweiten von Spanien.

INFO: Die Cranger Kirmes, mit einer durchschnittlichen Besucherzahl von rund 4.000.000 in den letzten Jahren eines der größten Volksfeste in Deutschland, wird von mehr als 500 Schaustellern beschickt, liegt direkt am Rhein-Herne-Kanal, hat über 5 km Budenfront und dauert zehn Tage. Sie geht auf den ehemaligen Pferdemarkt zurück, der seit dem 15. Jahrhundert um den Laurentiustag, den 10. August, stattfand. Laurentius, einer der meistverehrten Heiligen der katholischen Kirche, war einer der sieben Diakone der Christengemeinde in der Stadt Rom, also für die Finanzen und die Sozialarbeit der Kirche von Rom zuständig. Weil er die Armenkasse nicht herausgeben und seinem Glauben nicht abschwören wollte, starb er nach der Folter am 10. August 258 auf einem glühenden Rost, das in der Kirche S. Lorenzo fuori le Mura in Rom gezeigt wird. Sein Kult verbreitete sich in Deutschland nach dem Sieg Kaiser Ottos I. gegen die Ungarn in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg am 10. August 955. Laurentius ist Stadtpatron von Nürnberg, Wuppertal und Duderstadt. Die Köche, deren Schutzpatron er ist, pflegen einen eigenen Zunftorden, die Laurentius-Bruderschaft, und nennen sich „Laurentius-Ritter“. Jedes Jahr um den 10. August herum treffen sich an die tausend Köche in einer anderen Stadt in Deutschland. Sein Gedenktag fällt jedes Jahr mit dem Erscheinen besonders vieler Sternschnuppen zusammen; Die Perseiden, ein jährlich in der ersten Augusthälfte wiederkehrender Meteorstrom, erreicht in den Tagen um den 12. August ein deutliches Maximum an Sternschnuppen. Sie bestehen aus den Auflösungsprodukten des Kometen 109P/Swift-Tuttle, dessen Staubspur die Erde immer in diesen Tagen im Jahr kreuzt. Da sie mit dem Todes- und Namenstag des Märtyrers zusammenfallen, werden sie im Volksmund auch Laurentiustränen beziehungsweise Tränen des Laurentius genannt.

König Philipp II. von Spanien gelobte am Laurentiustag 1557 vor der Schlacht bei St. Quentin, im Falle seines Sieges dem in Spanien stark verehrten heiligen Laurentius mit dem Kloster San Lorenzo, genannt EI Escorial, ein besonderes Heiligtum zu errichten. Philipp II. und seine Nachfolger bemühten sich in der Zeit von 1570 bis 1628 vergeblich, dafür das Haupt des heiligen Laurentius zu erlangen, die der Überlieferung nach der Abtei St. Vitus im heutigen Mönchengladbach von Karl der Große geschenkt worden sein soll. Dazu setzten die spanischen Herrscher ihre verwandtschaftlichen Beziehungen und alle Mittel der Diplomatie bis hin zu massiven Drohungen gegen Abt und Mönche ein. Papst Clemens VIII. drohte dem Abt die Exkommunikation an, der allerdings unter dem Schutz des Herzogs von Jülich stand und die Abtei darin bestärkte, das Laurentiushaupt nicht herauszugeben. (s.a. Ernst BRASSE, Verhandlungen wegen Übertragung des Laurentiushauptes nach dem Eskorial in: AnnHVNdrh Bd. 103, 1919, S. 48-75; Peter Kremer: Laurentiustränen in: HJBKrsAW Jg. 1968, S. 110; Paffen, Rolf: Der Streit um das Laurentiushaupt. Die spanischen Bemühungen um die Erwerbung der Reliquie des Laurentiushauptes in der Abtei Gladbach (1570 - 1628). Mönchengladbach, Kühlen, 1970., 1970. 1. Aufl. 107 S., Beiträge zur Geschichte von Stadt und Abtei Möchengladbach 2)

Das ab 974 entstandene Mönchengladbacher Münster St. Vitus erhielt das Langhaus des Münsters seine heutige Gestalt. Mit der Auflösung des Klosters 1802 zerstreuten sich die Bibliothek und die übrigen Kunstschätze. Die Schatzkammer ist sehenswert: Wichtigstes Stück des Schatzes ist der vergoldete Abendmahlsschrein mit dem Abendmahlstuch, das alle sieben Jahre während der Heiligtumsfahrt ausgestellt wird. Bei Münsterführungen können auch Kindergruppen das Münster erleben, Spezialführungen zeigen die „Kryptafenster“ und manches mehr. Kontakt: Anja Hopstätter, Tel. 02161 / 3043103.

Unser Gesprächspartner: Pfr. Albert Damblon, Dr. theol., geb. 1947 in Aachen; 1979-1984 Pfarrer in der Eifel; 1980-1995 Dozent für Homiletik am Priesterseminar Aachen, 1985-1995 Dozent für Homiletik am Studienhaus Lantershofen und seit 1984 Pfarrer in Mönchengladbach, 2003 Propst der Münsterbasilika in Mönchengladbach.

Kontakt: Hauptpfarre St. Mariae Himmelfahrt, Abteistr. 37, 41061 Mönchengladbach, Pfarrbüro: Tel. 02161 / 46 233 – 0, E-Mail: info(bei)hauptpfarre.de, http://www.pfarre-sankt-vitus.de/aktuelles.html


Hier der ganze Beitrag zum Hören:
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