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Augenblick mal
Ein Jahr danach: Traditionalistendebatte

VON: CHRISTOF BECKMANN



Hinter den Kulissen geht es bei ihr sicher oft genug genauso hektisch zu wie in einer großen Firma. Und doch denkt sie in Jahrhunderten: Die Katholische Kirche hat ein langes Gedächtnis. Große Entscheidungen brauchen allerdings manchmal Jahrzehnte, bis sie überall angekommen sind. Kein Wunder – keine „Firma“, wenn man das vergleichen will, ist so groß und so alt. Und das macht die Sache nicht immer gerade einfach, wie genau vor einem Jahr zu beobachten. Denn damals machte Papst Benedikt bei einer Ansprache in Rom unmissverständlich klar, dass sich die Shoah niemals wiederholen und niemals vergessen werden darf. Da war die Debatte um die Traditionalisten-Bruderschaft schon komplett eskaliert. Kommentatoren legten den Rücktritt nahe, sogar die Bundeskanzlerin schaltete sich ein und Medien raunten vom Kulturkampf – eine Bilanz mit Theologieprofessor Wendelin Knoch….

INFO: Am 21. Januar 2009 hob Papst Benedikt XVI. mit seiner Unterschrift die Beugestrafe der Exkommunikation für die vier traditionalistischen Bischöfe der von Rom nicht anerkannten Piusbruderschaft auf. Einer der Begnadigten, der Brite Richard Williamson, hatte kurz zuvor in einem schwedischen TV-Interview den millionenfachen Judenmord der Nazis geleugnet. Als der Vatikan das Gnadendekret drei Tage nach Unterzeichnung bekanntgab, machten die kruden Äußerungen Williamsons bereits die Runde, einschließlich der Nachricht über Ermittlungen wegen Volksverhetzung. Die Empörung bei Vertretern des Judentums, ebenso bei vielen innerhalb der Kirche und bei Politikern war groß. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte ein klärendes Wort. Im Juli wurde die vatikanische Kontaktstelle für Traditionalisten, die Kommission „Ecclesia Dei“ an die Glaubenskongregation angekoppelt und das Personal ausgetauscht. Seit Ende Oktober treffen sich im zweimonatigen Turnus Delegationen der Piusbrüder und des Vatikan. Es handelt sich um Expertengespräche von Theologen, die Themen des von den Piusbrüdern heftig kritisierten Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) diskutieren: über Religionsfreiheit und Ökumene, das Verhältnis zu nichtchristlichen Religionen und den Traditionsbegriff. Die Ergebnisse sollen irgendwann den Leitungsspitzen beider Seiten vorgelegt werden. Einen festen Zeitplan gibt es nicht.

Unser Gesprächspartner: Wendelin Knoch (67), Priester der Erzdiözese Köln, lebt in Hattingen und war 1991-2008 Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum.


Hier der ganze Beitrag zum Hören:
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