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Augenblick mal
Hexenjagden gestern und heute

VON: CHRISTOF BECKMANN



In den letzten 50 Jahren sind in Afrika, in Südamerika, in Südostasien mindestens so viele Hexen hingerichtet oder umgebracht worden wie in den 300 Jahren der europäischen Hexenverfolgung zusammen. Ein dunkles Kapitel der Geschichte und eine Anfrage für heute, so Prälat Heinrich Grafflage …

INFO: Hexenverfolgungen sind ein Phänomen der Frühen Neuzeit und fanden zwischen 1450 bis 1750 vor allem in Mitteleuropa statt. Vor allem Frauen waren betroffen. In der Literatur gelten sie als Erscheinung im Gefolge konfessioneller Spaltungen und großer kriegerischer Auseinandersetzungen. In ihnen verbanden sich populärer Magie- und Zaubereiglaube mit dem Vorwurf der Ketzerei. Sie flammten als Ausdruck von Ängsten und Hysterien oft gegen den Willen der Obrigkeit und der Kirchen als regelrechte Volksbewegung auf. Grundlage für Anklagen waren anonyme Denunziationen, bei denen die Denunzianten im Falle einer Verurteilung teilweise ein Drittel des Vermögens des Angeklagten erhielten. Zum Prozess, der etwa drei Millionen Menschen gemacht wurde, gehörten Inhaftierung, Verhör, Folter, Hexenproben, Geständnis, Befragung nach Mitschuldigen und Verurteilung zum Feuertod. Nach neueren Forschungen forderte die Verfolgung in ganz Europa etwa 40.000 bis 60.000 Todesopfer, davon etwa 25.000 Menschen in Deutschland. Zu den Kritikern der Prozesse gehörte der aus Kaiserwerth stammende Jesuit Friedrich Spee (1561-1635) mit seiner Schrift Cautio Criminalis (1631).

Seit der Aufklärung - und wieder aufgegriffen im Kulturkampf - wurde die katholische Kirche verantwortlich für Millionen Opfer durch die Hexenverfolgung gemacht. Nach Stand der Wissenschaft waren Hexenverfolgungen aber in eher katholischen Regionen und Ländern selten verbreitet. Die kirchliche Inquisition war nicht unbeteiligt, doch wurde die weit überwiegende Anzahl der Hexenprozesse vor weltlichen Gerichten verhandelt. Insgesamt kanalisierte und beschränkte die Justiz die von breiten Schichten geforderte Hexenverfolgung. Bis heute ist das Thema in vielen Ländern und Kulturen hochaktuell, vor allem in Afrika. Epidemischen Hexenjagden sind auch aus Indonesien, Indien, Südamerika und den arabischen Staaten bekannt.

Unser Gesprächspartner: Pastor Heinrich Grafflage, geboren 1933, 1970 zum Priester geweiht, seit 1982 Pfarrer an St. Ludgerus und St. Martin in Essen-Rüttenscheid, seit 2008 Pfarrer im Ruhestand als Pastor an St. Dionysius Essen-Borbeck. Seit 1997 ist Heinrich Grafflage Diözesanbeauftragter des Bistums Essen für Kirchen in Mittel- und Osteuropa und zuständig für das Bischöfliche Hilfswerk RENOVABIS. Literaturtipp: Hans Conrad Zander, Kurzgefasste Verteidigung der Heiligen Inquisition. Es spricht der Großinquisitor; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2007; ISBN 978-3-579-06952-4


Hier der ganze Beitrag zum Hören:
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