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Augenblick mal
Drei Zentner für Franz Stock

VON: CHRISTOF BECKMANN



So langsam geht das Jahr zur Neige, jetzt heißt es nur noch bis nach Neujahr durchkommen. Vielleicht haben Sie jetzt ein paar ruhige Tage, auch auf der Arbeit – machen schon Pläne fürs kommende Jahr, oder lassen das alte noch mal Revue passieren. Es sind ja ganz unterschiedliche und sehr persönliche Dinge, die da besonders herausragten, die einem am Herzen liegen und – die besonders im Gedächtnis bleiben. Vor allem, wenn man sich für eine Sache besonders engagiert ...

INFO: Wenn Thomas Bertram vom Franz-Stock-Komitee aus Arnsberg so zwischen den Jahren über die besonderen Dinge aus dem letzten nachdenkt, dann war es die Sache mit der Riesenholzkiste, die vor ein paar Wochen aus Paderborn nach Rom ging: Drei Zentner Material gingen aus Paderborn für eine offizielle Seligsprechung in den Vatikan. Zu Franz Stock, einem Priester aus dem Sauerland, der in Frankreich als ein großer Deutscher gilt. Franz Stock, am 21. September 1904 in Neheim als erstes von neun Kindern einer Arbeiterfamilie geboren, schloss sich bereits in seiner Schulzeit dem Bund Neudeutschland und später der Quickbornbewegung an. 1926 nahm er das Studium der Theologie in Paderborn auf. Ostern 1928 ging er für drei Semester nach Paris und studierte am Institut Catholique – als der erste deutsche Theologiestudent in Frankreich seit dem Mittelalter. Am 12. März 1932 wurde Franz Stock durch den Paderborner Erzbischof Dr. Caspar Klein zum Priester geweiht.

1934 trat Franz Stock in Paris seine Stelle als Rektor der deutschen Gemeinde an - bald kam die Hilfe für politische Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei hinzu. Kurz vor Ausbruch des Krieges musste er Paris verlassen, übernahm Vertreterstellen in Dortmund-Bodelschwingh und dann in der Nähe von Magdeburg. 1940 erneut zum Seelsorger der Deutschen in Paris ernannt, begann er mit seiner Tätigkeit in den Pariser Wehrmachtsgefängnissen Fresnes, La Santé und Cherche Midi, wo er die Häftlinge in den Gefängnissen betreute und über 2.000 Erschießungen beiwohnen musste. Die Franzosen gaben Franz Stock die Bezeichnung „L'Aumônier de l'enfer“ („Der Seelsorger der Hölle“) und „L'Archange en enfer“ („Der Erzengel in der Hölle“).

1945 nahm Stock eine neue Aufgabe an: die Gründung eines Priesterseminars im Gefangenenlager Dépôt 501 bei Chartres, das er bis 1947 als Regens leitete. Es ging in die Geschichte unter der Bezeichnung „Stacheldrahtseminar“ ein. Insgesamt 949 Dozenten, Priester, Brüder und Seminaristen aus Deutschland und Österreich waren im Verlauf der zwei Jahre dort. Am 24. Februar 1948 starb Abbé Franz Stock plötzlich, noch keine 44 Jahre alt, in Paris. Nuntius Roncalli, der spätere Papst Johannes XXIII., nahm die Einsegnung des Toten vor und sagte dabei: „Abbé Franz Stock - das ist kein Name - das ist ein Programm!“ Der Leichnam des Wegbereiter der deutsch-französischen Freundschaft wurde im Juni 1963 von Paris nach Chartres überführt und am 15./16. Juni in der neu erbauten Kirche Saint Jean Baptiste in Chartres- Rechevres beigesetzt. Zum 60. Todestag Stocks im Februar 2008 ehrten Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sowie Angehörige des französischen Widerstands den Seelsorger an der Gedenkstätte Mont Valerien. Auch Bundeskanzler Helmut Kohl und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac würdigten ihn als Symbol für Versöhnung.

Zum Abschluss der ersten Instanz des im November 2009 im Erzbistum Paderborn begonnenen Seligsprechungsverfahrens übergab Erzbischof Hans-Josef Becker am 08. November 2013 die gesammelten Dokumente an den römischen Anwalt Dr. Andrea Ambrosi, der als Postulator des Verfahrens die Unterlagen an die Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse in den Vatikan nach Rom weiterleitete. Die versiegelte, drei Zentner schwere Transportkiste umfasste 16.180 Blätter, darunter die verschriftlichten Aussagen von über 200 Zeugen. Davon sind rund zwei Drittel Abbé Franz Stock persönlich begegnet. Auch Schriften von und über Franz Stock wurden ins Italienische übersetzt. Die Unterlagen erlauben ein nach wissenschaftlichen Kriterien abgesichertes Urteil für das folgende „römische Verfahren“: Ein „Relator“ wird eine so genannte „Positio“ zu Abbé Franz Stock erstellen, eine Lebensdarstellung mit allen relevanten Zeugnissen. Im Anschluss entscheidet eine Theologenkommission der Kongregation über die Fortsetzung des Verfahrens. Bei einer positiven Entscheidung wird der Fall in der (Kardinals- )Versammlung der Kongregation beraten. Erst dann kann der Beschluss folgen, dem Heiligen Vater die Seligsprechung von Abbé Franz Stock zu empfehlen. Fällt die Entscheidung des Heiligen Vaters positiv aus, unterzeichnet dieser ein Dekret, welches die Seligsprechung anordnet.

Das Franz-Stock-Komitee für Deutschland hat sich 1964 in der Heimatstadt Franz Stocks gebildet, um die vielfältigen Bestrebungen zu bündeln, die sich mit der Person und dem Werk des verstorbenen Gefangenenpriesters verbinden. Weitere Franz-Stock-Vereinigungen haben ihren Sitz in Paris und Chartres. Kontakt: Hauptstr. 11, 59755 Arnsberg, Tel. 02932/22050, info@franz-stock.de, Internet: www.franzstock.de


Hier der ganze Beitrag zum Hören:
am1227.mp3



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